Mit zehn Augen unter Wasser

Spezialtaucher Jochen Schwanitz klettert für eine Pause aus dem Klärbecken. Taucher aus Österreich sind in einem Klärbecken des Klärwerks Leisnig im Einsatz. Mit einem Saugschlauch beseitigen sie die Ablagerungen am Boden des Beckens.

Obwohl Jochen Schwanitz mit Leichttauchgerät unterwegs ist, hat er ganz schön zu schleppen. Um die 50 Kilo, schätzt der erfahrene Spezialtaucher und gönnt sich nach stundenlangem Einsatz im Belebungsbecken eine kurze Verschnaufpause.

Dieser Tage ist ein Team von Spezialtauchern auf der Kläranlage Leisnig. Drei Männer der im österreichischen Linz ansässigen Firma Movienaut, die im Dunkel des Abwassers mit Wartungsarbeiten beauftragt sind. "Die Kläranlagen sind rund um die Uhr das ganze Jahr im Einsatz und können nicht einfach abgeschaltet werden", weiß Thomas Gründel, Abwassermeister bei der Veolia Wasser Deutschland GmbH, die im kommunalen Auftrag für den Betrieb der Abwasseranlagen verantwortlich ist. Deshalb habe man die Spezialtaucher gerufen, die ihren Job machen, während das Abwasser weiter gereinigt werden kann.

Vor allem geht es darum, den über einen längeren Zeitraum angesammelten Schlamm am Beckenboden gezielt abzusaugen und die tellerartigen Belüfterelemente dort wieder zu platzieren. "Das Abwasser wird durch Bakterien gereinigt, die organische Bestandteile abbauen und dafür kontinuierlich mit Luft versorgt werden müssen", schildert Thomas Gründel. Ein gleichmäßiger Lufteintrag sei nicht zuletzt für die Reinigungsleistung der gesamten Kläranlage mitverantwortlich.

Für die Taucher sind Einsätze wie diese Routine, müssen dennoch jedes Mal aufs Neue akribisch vorbereitet werden. Nicht ohne Grund hängt neben dem Bildschirmarbeitsplatz von Daniel Reger, Geschäftsführender Gesellschafter der Firma Movienaut, eine technische Zeichnung, aus der ersichtlich ist, wo genau zum Beispiel die Belüfterelemente verbaut sind. Jochen Schwanitz erzählt später, dass er sich diese Zeichnung vorab eingeprägt habe, um sich zumindest gedanklich ein wenig orientieren zu können. Denn im 3,50 Meter tiefen Becken sieht er gar nichts.

"Wir arbeiten dort unten mit zehn Augen", erläutert Daniel Reger. Allein über den Tastsinn könne man sich orientieren. Und über die Kommunikation nach außen. Die Taucher sind ein eingespieltes Team. Während Jochen Schwanitz im Becken ist, halten Daniel Reger und sein Kollege Balazs Lang oben die Stellung. Ihr wichtigster Job: die Verbindung zu ihrem Taucher halten.

Jochen Schwanitz, der an diesem Morgen als erster ins Klärbecken steigt, ist über die Taucherversorgungsleine mit der Außenwelt verbunden; "wir sagen dazu Nabelschnur", ergänzt Daniel Reger. Darüber werden die Taucher mit Luft versorgt, mit Licht, außerdem besteht eine Video- und Sprechverbindung. Ohne geht es nicht.

"Man muss sich in unserem Job nicht nur aufeinander verlassen können, sondern auch darauf, dass jeder seinen Job macht", weiß Daniel Reger. Denn das Ergebnis könne man in ihrem Fall nicht ohne weiteres kontrollieren.

Thomas Gründel ist überzeugt, dass man die Effekte des Spezialtaucher-Einsatzes auf der Kläranlage Leisnig durchaus spüren werde. Schon allein, weil tonnenweise Schlamm aus dem Becken entfernt und die Belüfterelemente erneuert wurden.